Grundlegendes zum Fahrerlaubnisrecht

A. Erteilung der Fahrerlaubnis

1. Gesetzliche Ausgangslage

Wer ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt braucht eine Fahrerlaubnis der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde. Diese ist durch eine amtliche Bescheinigung, dem Führerschein, nachzuweisen (vgl. § 2 Abs. 1 StVG).

Voraussetzung für die Erteilung der Fahrerlaubnis ist, dass auch eine Fahreignung besteht. Insoweit ist Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat (§ 2 Abs. 4 StVG).

Dies hat die Fahrerlaubnisbehörde zu ermitteln. Hierfür kann Sie insbesondere eine Auskunft aus dem Fahreignungsregister einholen oder die Vorlage eines Führungszeugnis verlangen (§ 2 Abs. 7 StVG).

Sollten im Hinblick auf die Fahreignung Bedenken bestehen, kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines Gutachtens oder eines fach- amtsärztlichen Zeugnisses verlangen (§ 2 Abs. 8 StVG).

2. Behördlichen Bedenken der Fahreignung

Die Vorschrift des § 2 Abs. 8 StVG spricht davon, dass der Führerscheinbehörde Tatsachen bekannt werden müssen, die Bedenken gegen die Fahreignung begründen.

Die Anforderungen hieran werden in der behördlichen Praxis nicht sonderlich hoch angesetzt. So reicht manchen Behördenmotarbeiter bereits ein anonymer Anruf des „freundlichen“ Nachbarn, um derartige Bedenken zu entwickeln.

Der Klassiker heutzutage ist jedoch die „Quermitteilung“ von Polizeibeamten. Immer häufiger teilen die Mitarbeiter der Polizei der Führerscheinstelle mit, wenn sie jemanden angetrunken oder betrunken angetroffen haben, auch wenn es gar keinen Zusammenhang mit dem Straßenverkehr gibt. Die gesetzliche Grundlage hierfür stellt § 2 Abs. 12 Satz 1 StVG dar. Danach kann die Polizei Informationen über Eignungsbedenken den Fahrerlaubnisbehörden mitteilen. Aus § 45 MIStra bestehen darüber hinaus auch Mitteilungspflichten bzw. Mitteilungsmöglichkeiten für die Staatsanwaltschaften und für die Gerichte Hier sind Einflussmöglichkeiten gegen eine Informationsübermittlung, etwa über § 45 Abs. 2 Satz 2 MIStra möglich, wenngleich diese eher als begrenzt zu bezeichnen sind.

3. Ungeeignetheit bei der Beantragung

Steht aus Sicht der Fahrerlaubnisbehörde bereits nach Aktenlage fest, dass eine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen vorliegt, kann die Erteilung der Fahrerlaubnis einfach versagt werden, ohne der Aufforderung ein Gutachten beizubringen.

B. Entziehung der Fahrerlaubnis

1. Ausgangslage:

a. Strafrechtlicher Entzug der Fahrerlaubnis

Nach § 69 Abs. 1 StGB hat das Strafgericht die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er im Zusammenhang mit dem Führen von Kraftfahrzeugen begangen hat, verurteilt wird.

In § 69 Abs. 2 StGB sind hierfür insbesondere folgende Regelbeispiele genannt:

  • Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315 c StGB)

  • Die Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB)

  • Unfallflucht (§ 142 StGB)

Während ein Verstoß gegen die ersten beiden Regelbeispiele annähernd durchgehend den Entzug der Fahrerlaubnis auch tatsächlich zur Folge hat, wird die Entziehung bei der Unfallflucht von den Unfallfolgen abhängig gemacht. Eine Entziehung wird jedoch regelmäßig angeordnet, wenn Personen erheblich Verletzung wurden, oder ein Sachschaden von bedeutenden Wert entstanden ist. Wann ein bedeutender Sachschaden vorliegt, ist jedoch nicht gesetzlich definiert. Manche Gerichte sehen den bedeutenden Sachschaden bereits bei unter 1.000 € gegeben, andere wiederrum nehmen 1.800 € oder auch 2.000 € als Mindestgrundlage an.

Wenn ein Gericht den Wert zu niedrig ansetzt, wird die Beschädigung jeder Leitplanke, jeder Stoßstange und jedes größeren Baum bereits einen Sachschaden von bedeutendem Wert darstellen, mit der Folge des Entzuges der Fahrerlaubnis. Dies war jedoch vom Gesetzgeber sicherlich nicht gewollt, da er andernfalls eine derartige Differenzierung nicht in den § 69 StGB hätte aufnehmen brauchen. Zudem dürfte es auch einen Unterschied zwischen dem Sachschaden im Sinne von § 69 StGB und dem Wiederherstellungsaufwand der in den Gutachten ausgewiesen wird, geben.

Wird die Fahrerlaubnis entzogen, verhängt das Strafgericht nach § 69 a StGB auch gleichzeitig die Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis. Hier können – etwa für landwirtschaftliche Maschinen – auch Ausnahmen gemacht werden. Dafür ist in der Regel jedoch ein substantiierter Vortrag bei Gericht erforderlich.

In der Praxis problematisch ist, dass die Mindestsperrfrist nach § 69a Abs. 1 StGB 6 Monate beträgt und im Rahmen der meist begleitenden vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis zumindest noch drei Monate Sperrfrist im Verhandlungstermin ausgesprochen werden müssen (§ 69a Abs. 4 StGB). Dies hat häufig zur Folge, dass die Einlegung von Rechtsmittel verhindert wird. In zeitlicher Hinsicht ist mit der Durchführung des Berufungsverfahrens (je nach Gericht unterschiedlich) mit geschätzt durchschnittlich 6 Monaten Verfahrensdauer zu rechnen. Im Falle der Aufrechterhaltung einer Sperrfrist ist diese dann zumindest für weitere drei Monate auszusprechen. Damit liegt die Sperrfrist häufig bereits über dem Maß der ersten Instanz.

In solchen Fällen kann es oftmals sinnvoll sein, keine Berufung einzulegen und das Urteil lieber gleich rechtskräftig werden zu lassen. Zudem steht der Weg zur Sperrfristverkürzung nach § 69a Abs. 7 StGB offen.

b. Verwaltungsrechtlicher Entzug

Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat auch die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen (§ 3 Abs. 1 Satz1 StVG).

Für die Ungeeignetheit reicht es bereits aus, wenn etwa mehrfach gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen wurde, die in der Zusammenschau den Schluss der charakterlichen Ungeeignetheit zulassen. Es muss von daher nicht notwendigerweise die Schwelle der 8 Punkte nach § 4 Abs. 5 Nr. 3 StVG erreicht oder überschritten werden.

Sind die 8 Punkte jedoch erreicht, ist die Fahrerlaubnis schon wegen § 4 Abs. 5 Nr. 3 StVG zu entziehen.

Auf die Nichteignung darf die Fahrerlaubnisbehörde auch schließen, wenn eine Untersuchung verweigert wird, oder die Beibringung eines Gutachtens nicht fristgerecht erfolgt (§ 11 Abs. 8 FeV). Gleiches gilt auch für die Nichtteilnahme eines Aufbauseminars (§ 2a Abs. 3 i.V.m. § 2a Abs. 2 Satz 1 StVG).

Im Hinblick auf die behördlichen Bedenken zur Fahreignung, darf zunächst auf die Ausführungen zur Erteilung der Fahrerlaubnis verwiesen werden. Diese Ausführungen gelten entsprechend auch für den Entzug der Fahrerlaubnis (§ 3 Abs. 1 Satz 2 StVG).

Besonders praxisrelevant sind insbesondere der Alkohol- und Betäubungsmittelkonsum. Diese werden jedoch gesondert unter den entsprechenden Buttons behandelt.

C. Wiedererteilung der Fahrerlaubnis

1. Ausgangslage

Die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis stellt grundsätzlich eine Neuerteilung der Fahrerlaubnis dar, so dass die diesbezüglichen Vorschriften auch anzuwenden sind (§ 20 Abs. 1 FeV).

Der tatsächlich entscheidende Unterschied ist jedoch, dass der Fahrerlaubnisbehörde die Unterlagen vorliegend (soweit diese noch in den Akten befinden – etwa Tilgungsfristen nach § 29 StVG), aus denen sich der Umstand ergibt, warum die Fahrerlaubnis einmal entzogen wurde. Deshalb ist die Eignungsüberprüfung hier eher der Regelfall. Sie müssen von daher, je nach Entzugsursache, mit der Beibringung eines medizinisch- psychologischen Gutachtens oder eines fachärztlichen Zeugnisses rechnen.

 

2. erneute Fahrprüfung

Neben der Beibringung etwaiger Gutachten droht zudem die erneute Fahrprüfung. Die früher geltende Frist, dass nach Ablauf von 2 Jahren Fahrerlaubnisentzug die Fahrprüfung erneut abzulegen ist, wurde zu Gunsten der Vorschrift des § 20 Abs. 2 FeV abgeschafft.

Gem. § 20 Abs. 2 FeV ordnet die Fahrerlaubnisbehörde eine Fahrerlaubnisprüfung nunmehr an, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die nach § 16 Absatz 1 und § 17 Absatz 1 FeV erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitzt.

Durch die Abschaffung der starren Frist lässt sich die Zeitdauer nicht mehr eindeutig festlegen. Bei einer fahrerlaubnislosen Zeit von unter zwei Jahren wird wohl entsprechend der früheren Regelung keine Fahrerlaubnisprüfung angeordnet werden können. Mit zunehmender Dauer schwinden jedoch aus Sicht der Fahrerlaubnisbehörde die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten. In der Rechtsprechung wurde die Notwendigkeit zur einer Neuprüfung etwa in folgenden Einzelfällen angenommen: 21 Jahren (BVerwG, Urt. v. 27.10.2011, Az.: 3 C 31/10, 14 Jahren (OVG Münster, Beschl. v. 04.01.2012.), 17 Jahren (BayVGH, Urt. v. 17.04.2012, Az.: 11 B 11.1873, 13 Jahren (SächsOVG, Beschl. v. 26.07.2013, Az.: 3 D 9/13, 13 Jahren (VG Bremen, Beschluss. v. 30.01.2012, Az.: 5 K 1036/11), mehr als 7 Jahren (VG Würzburg, Beschl. v.03.02.2011, Az.: W 6E 11.37).

Erstmals hat das Verwaltungsgericht Meiningen (Urteil vom 19.08.2014 Az.: 2 K 106/14) eine deutlichere Aussage zu dieser Problematik getroffen und geht davon aus, dass bei einer fahrerlaubnislosen Zeit von zumindest 10 Jahren diese Tatsache alleine genügt, eine Fahrprüfung anzuordnen. Entsprechend wurde ein Zeitraum von nur fünf Jahren nicht als ausreichend erachtet.

Mittlerweile haben viele Fahrerlaubnisbehörden für sich eigene Regelzeiten aufgestellt, die aktuell meist bei 10 Jahren liegt.

Der zwischenzeitliche Erwerb einer EU Fahrerlaubniserlaubnis führt nach der Rechtsprechung des VGH München (Urteil vom 17.04.2012 Az.: 11 B 11.1873) zudem dazu, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten zum Führen von Kraftfahrzeugen in diesem Zeitraum angenommen werden müssen.

3. Abstinenzzeit

Nach Nr. 9.4 und Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV ist zur Eignungsfeststellung bei einem Entzug wegen Alkoholanhängigkeit oder Betäubungsmittelabhängigkeit nach Entzug und Entwöhnung noch ein einjähriger Abstinenznachweis zu erbringen.

Mit dieser Vorschrift dürfte jedoch nur die Abhängigkeit und nicht der ledigliche Missbrauch gemeint sein. Tatsächlich ordnen jedoch viele Führerscheinbehörden die einjährige Abstinenzzeit auch beim bloßen Missbrauch an. In der Rechtsprechung ist dies durchaus umstritten (vgl. etwa OVG Bremen 1 B 206 / 03 vom 30.06.2003 -keine Abstinenzzeit- oder VGH Mannheim 10 S 1917 / 02 vom 30.09.2003 -für Abstinenzzeit-).

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